LINKE Antworten auf ein Europa in der Krise

Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Spanien, Italien, Portugal oder Griechenland immer noch bei 30%. Die Altersarmut liegt europaweit im Durchschnitt bei 20%. Bei der bestehenden Jugendarbeitslosigkeit kann die Altersarmut in der Zukunft gar nicht sinken und zu besseren Lebensumständen führen. Hinzu kommt die Umwandlung von Unternehmen von Vollzeit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen hin zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen und Kettenbefristungen. Energieabschaltungen und Abschaltungen von Heizungen gehören zum Alltag genauso wie täglich tausende Menschen, die ihre Wohnungen räumen müssen, da die Preise ins unermessliche steigen – nicht nur in Großstädten, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Die Finanzmärkte, durch deren Agieren diese Situation erst überhaupt eingetreten ist, unterliegen kaum mehr Regeln außer den selbst gegebenen.

Handelskriege kündigen sich an, gleichzeitig werden noch immer Freihandelsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern bzw. Regionen verhandelt. Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche richten enormen volkswirtschaftlichen Schaden an. Gewinne von kriminellen Organisationen, aber vor allem von Großkonzernen und reichen Einzelpersonen werden täglich in Steueroasen transferiert. Schätzungsweise liegen dort mittlerweile 20 – 30 Billionen Euro. Europaweit erzielen Europafeinde und Naziparteien Erfolge. Dennoch herrschen zum Glück in Europa kein Krieg und keine Aufstände, wie in großen Teilen der Welt, was Millionen Menschen dazu zwingt aus ihrer Heimat nach Europa zu fliehen, da das Leben dort lebensbedrohlich für sie und ihre Angehörigen ist. Sie sind Opfer von Diktatoren, regionalen Machtkämpfen oder internationalen, zum Teil völkerrechtswidrigen Auseinandersetzungen, die die beteiligten kriegstreibenden Staaten lieber auf anderen Territorien als den eigenen durchführen. Durchgeführt mit europäischen – häufig mit deutschen Waffen.

Das klingt wie ein Albtraum, ist aber durch und durch real und beschreibt den Zustand, in dem wir uns in Europa befinden. Diese Situation kann nur mit politisch linken Lösungen beantwortet werden. Nicht weil wir das als Linke gerne hätten – nein, sondern weil Finanzmärkte Regeln brauchen, die sie nicht „too big to fail“ werden lassen, weil Armut nicht mit Einsparung bekämpft und weil Krieg nicht mit Krieg beantwortet werden kann.

 

Die Antwort der Mehrheit des EU-Parlamentes, der Kommission und des Rates

Nun verhält es sich so, dass die zurzeit herrschenden Akteure in Europa, die Europäische Kommission, die deutsche und die französische Regierung, sogar einen Teil dieser Problematiken erkennen, aber leider die vollkommen falschen Schlüsse daraus ziehen.

Jugendarbeitslosigkeit ist nicht nur in Südeuropa ein signifikantes Problem, das die Sozialkassen und später die Rentenkassen belasten wird. Es ist ebenso ein Problem in Mitteleuropa und in Deutschland. Die EU hat ein milliardenschweres Programm dazu aufgelegt, das aber aufgrund des Aufwandes und der Intransparenz der Anträge und Verfahren nur zu einem Bruchteil abgerufen wird.

Die Kommission hat sogar vergangenes Jahr festgestellt, dass auch die Altersarmut in ganz Europa viel zu hoch ist. Ihre Lösung ist so schlicht wie grundverkehrt: Sie wollen das sogenanntes pan european pension product einführen, kurz PEPP. Hier handelt es sich einfach darum, neben der öffentlichen und betrieblichen Altersvorsorge noch eine private einzuführen. PEPP ist eine Mischung aus der schon in den 90ern in der Bundesrepublik gescheiterten Lebensversicherung und der gescheiterten Riester-Rente. Aber die Versicherungsbranche und die Hedgefonds benötigen wohl ein neues Produkt, das sie vertreiben können. Aber nur 20% der Bevölkerung in Europa werden sich PEPP überhaupt leisten können. Ein sinnvoller Beitrag gegen Altersarmut sieht jedenfalls anders aus. (UPDATE 01.06.2018: Das Steuernetzwerk Investigate Europe geht davon aus, dass die Europäische Kommission PEPP auf Druck vom weltweit größten Finanzinvestor Blackrock erfunden hat)

Während selbst profitable Unternehmen und Mega-Konzerne dazu übergegangen sind, Mitarbeiter aus Profitgier zu entlassen, was unter dem Label der Umstrukturierung firmiert, beschäftigt sich das Parlament in dem CCCTB-Gesetz mit allgemeinen Besteuerungsfragen von Unternehmen. Auch das ist wichtig, aber bei den herrschenden Mehrheitsverhältnissen im Parlament von Konservativen, Rechten und einer Sozialdemokratie, die sich zwischen Kapital und sozial entscheiden musste, und sich für das Kapital entschieden hat, wird das Ergebnis wenig frohlockend sein. Dabei werden die Unternehmen noch von den meisten der 20.000 Lobbyisten flankiert, denen das Wohlergehen der Unternehmen im kommenden Berichtszeitraum näher ist, als langfristige und sozial Regelungen zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Während die Banken weiter vor sich hin spekulieren und an den Warenterminbörsen auf den Preis von Grundnahrungsmitteln wetten, beschäftigt sich das Parlament mit der BRRD, der bank recovery und resolution directive. Hierbei knobeln die Abgeordneten aus, wie im Zuge der nächsten Krise, oder als direkte Folge der vergangenen, die Banken nicht mehr gerettet werden müssen und insolvent gehen dürfen, anstelle sich zu überlegen, wie Banken zerschlagen werden können, damit sie nicht mehr „too big to fail“ sind.

Deutschland profitiert immer weiter vom Handelsungleichgewicht in Europa und treibt damit seine europäischen Partnerländer an den Rand des Ruins, was sogar schon dem amerikanischen Präsidenten aufgefallen ist (und das soll was heißen).

Während Billionen und Aberbillionen in Steueroasen liegen und immer noch mehr werden, da es nicht einmal strafbar ist, setzt der Europäische Rat eine sogenannte schwarze Liste auf, auf der im Dezember 2017 anfangs 17 Steuerparadiese angeprangert wurden. Heute sind es noch neun Länder (UPDATE 12.06.2018: mittlerweile sind es nur noch 7 Länder). Wie die Länder auf die Liste gekommen sind, warum sie auch wieder runtergenommen wurde, erfährt ein Abgeordneter noch nicht einmal. Warum das Geldwäscheparadies Deutschland und die Steueroasen Schweiz, Cayman-Inseln, USA, Hong Kong, Singapur oder Luxemburg dort nicht auftauchen, erfahren wir nicht. Was wir aus der Presse erfahren, ist, dass ausgerechnet Großbritannien, das aus der EU raus will, seine schützenden Hände über viele Länder hält.

Während die Erdogan-Türkei europäische Journalisten festsetzt und in Syrien einen völkerrrechtswidrigen Feldzug gegen die kurdische Bevölkerung führt, beschließt die EU zwar ein Moratorium für die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, hofiert den autoritären Herrscher aber weiter. Zu wichtig ist der EU der schmutzige Flüchtlingsdeal mit der Türkei, zu wichtig ist ihr die wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Während Macron, Merkel und die Kommission über die Zukunft Europas fachsimpeln, erstarken europaweit Rechte und Europafeinde und nähren sich an der Frustration der Menschen. Um das klar zu benennen: Die Personen, die diesen Parteien angehören und vorstehen, sind keine missverstandenen Linken – nein, sie sind durch und durch Nazis und als solche muss man sie benennen und ihnen entgegenstehen.

Um all diesen Punkten entgegenzustehen, laufen in der EU gerade einmal zwei sogenannte Reformprozesse. Ob Gesundheits-, Renten- oder die Sozialreform, die uns das menschenverachtende Hartz IV-System aufoktroyiert hat; man sollte zumindest in Deutschland bei dem Begriff aufhorchen:

Zum einen streiten gerade der französische Präsident Emmanuel Macron, die Große Koalition in Deutschland und auch die Europäische Kommission über eine künftige (teilweise grundlegende) Reform der Eurozone (Europäische Wirtschafts- und Währungsunion). Diverse, auch widersprüchliche Vorschläge liegen auf dem Tisch. Absehbar ist, dass unter den Herrschenden ein Kompromiss gefunden werden wird und es zu einer Vertiefung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion unter den Vorzeichen fortgesetzter Spar- und Kürzungspolitik kommt – also die Fortsetzung der Austeritätspolitik.

Und: Einigkeit herrscht bereits in der Vertiefung der sogenannten Verteidigungsunion, also dem Ausbau der Militärunion und in Fragen der Asylpolitik, wo die Linie Deutschlands und Frankreichs darin besteht, die europäischen Außengrenzen möglichst hermetisch abzuschirmen. Beides lehnt die europäische Linke entscheiden ab.

Zum anderes handelt es sich um die ständige Weiterentwicklung bzw. Neuentwicklung bestehender oder eben neuer Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene.

 

Linke Antworten

Die Pläne Macrons, Merkels und der Europäischen Kommission haben rein gar nichts mit der Realität der Europäerinnen und Europäer zu tun, die darin leben. Wir brauchen ein Europa für die Menschen – ein linkes Europa.

Wir fordern klar und konkret einen freien Zugang zu Bildung, unabhängig von der finanziellen Situation und Region. Finanzielle Unterstützung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungsförderung seitens der EU wird begrüßt, muss aber einfach und transparent gestaltet werden.

Altersarmut hingegen muss sozial gerecht verhindert werden. Österreich zeigt dies eindrucksvoll. Dort liegt die Rente z.B. im Schnitt um satte 700 Euro über der in Deutschland, da in der Alpenrepublik vor allem die Unternehmen viel mehr in die Rentenkasse einzahlen. Auch zukünftig werden Arbeitsplätze europaweit wegfallen, da sie von Computern und Maschinen ersetzt werden. Aber es liegt doch auf der Hand, dass, wenn Unternehmen mit weniger Mitarbeitern mehr produzieren, diese Gewinne nicht an deren Aktionäre fließen dürfen, sondern ihre Anteile an der gesetzlichen Rente einfach steigen müssen. Um Arbeitsplätze vor sogenannten Umstrukturierungen zu schützen, muss die betriebliche Mitbestimmung europaweit gestärkt werden und es muss darauf hingearbeitet werden, dass Standorte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Massenentlassungen bei profitablen Unternehmen sollen verboten werden. Darüber hinaus müssen Unternehmen endlich wieder in die Verantwortung genommen werden, da Eigentum verpflichtet!

Banken dürfen nicht, und da bedarf es nicht einmal sozialistischer Überzeugung, sondern dem normalen Menschenverstand, systemrelevant bleiben. Wir werden sie auf kleine Banken aufteilen, die dem ursprünglichen Finanzwesen durch Kreditgeschäfte zugeführt werden.

Die Löhne müssen insbesondere in Deutschland steigen. Wenn ein Vollzeitbeschäftigter noch sein Gehalt aufstocken muss, ist nicht die Grundsicherung zu hoch, sondern sein Verdienst zu niedrig. Deswegen benötigen wir umgehend einen Mindestlohn überall in Europa, von dem alle Menschen in ihrer Region ihren Alltag bestreiten können.

Gewinne müssen dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet worden sind. Geldwäsche muss bekämpft werden, auch um den kriminellen Betreibern das Handwerk zu legen – ohne Wenn und Aber. Wenn Geschäftsmodelle nur funktionieren, weil niedrigere Steuern irgendwo anders gezahlt werden, sind sie in der marktwirtschaftlichen Logik, die wir uns nicht gegeben haben, gescheitert. Geldströme müssen transparent nachvollziehbar verfolgt werden können. Schwarze Listen dürfen nicht nur Listen mit Symbolcharakter sein, sie müssen Folgen nach sich ziehen – immer zulasten der Verursacher, nie zu Lasten der Bevölkerung. Wetten auf Lebensmittel, Wetten auf fallende Aktienkurse, Hedgefonds waren aus guten Gründen vor 30 Jahren noch nicht erlaubt.

Unsere Antworten müssen mit Visionen, mit linken Visionen verbunden sein. Warum sollen Kreditvergaben an Länder nicht, wie bisher an Privatisierungen, sondern an gute Löhne oder Steigerung der öffentlichen Investitionen gebunden sein. Schäubles sogenannte schwarze Null gehört schon vor ihrer Findung in die Schreibtischschublade, aus der sie gekommen war. Schwimmhallen werden geschlossen, in Schulen bröckelt der Putz von der Wand, Sportstätten marodieren vor sich hin, weil die nötigen Investitionen dazu fehlen.

Auch wenn alle anderen Parteien in die Mitte oder gar politisch nach rechts rücken, bleiben unsere Antworten immer klar und konsequent international, sie werden klar und konsequent antifaschistisch und sie werden klar und konsequent sozialistisch sein. So können wir es schaffen ein Europa gegen Konzernmächte, gegen Europafeinde und gegen Rechte für die Menschen zu bilden.