«Es geht um die Zukunftsfähigkeit dieses Kontinents»

Wo siehst du mit Blick auf die EU spezifisch linke Perspektiven? Gibt es so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal linker Europapolitik?

Ja. Ein Alleinstellungsmerkmal linker Politik ist meiner Erfahrung nach, dass wir tatsächlich die Systemfrage stellen und deshalb in Konflikt geraten: einerseits mit manchen Verträgen oder europäischen Vertragsbestandteilen, und andererseits immer wieder mit den Eigentumsverhältnissen.

Die Verträge sind ja nicht gottgegeben, sondern von Menschen geschrieben, und deshalb kann und muss man sie mitunter auch infrage stellen. Man darf sagen, hier funktioniert etwas nicht, also lasst uns über Änderungen nachdenken. Wenn sich etwa die Ungleichheit in der Gesellschaft so zuspitzt, wie das derzeit der Fall ist, dann muss man natürlich auch darüber nachdenken, wie Vermögen umverteilt werden kann, und entsprechende Instrumente dafür entwickeln.

Klar ist aber auch – und das berührt dann die Eigentumsfrage –, dass man sich damit in die Auseinandersetzung mit den Großkonzernen und Superreichen begeben muss. Das geschieht ja durchaus im Interesse der Bevölkerungsmehrheit. Ihr seid so reich, weil die anderen so arm sind, könnte man in Anlehnung an Bertolt Brecht sagen. Also es gibt diesen Zusammenhang, und wir brauchen dringend eine massive Umverteilung von oben nach unten. Und wir brauchen eine neue Struktur der Eigentumsformen, vor allem im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Bei dem, was wir zum Leben benötigen, wie Gesundheit, Energie, Wohnen, muss das öffentliche Interesse dominieren, nicht das private. Und um dahin zu kommen, braucht es uns, weil es keine andere politische Kraft gibt, die diese Position vertritt.

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